Gerard Hobi
«Es gab weder PC noch Bildschirme! Alles war Kopf- und Handarbeit mit viel Papier.»
Bevor im Jahr 2012 die Flumserei ins Leben gerufen wurde, hatte das Gebäude schon satte 150 Jahre als Sarganser Hochburg für Pioniergeist gegolten. Von Flums aus wurden internationale Abnehmer mit dem feinsten Garn der Welt beliefert.
Gerard Hobi war Mitarbeiter der ehemaligen Spinnerei Spoerry. Seine Geschichten und Erzählungen aus der Spinnerei sind wie ein Sprung zurück in die florierende Zeit der Produktionsstätte und ein spannender Einblick in den damaligen Alltag.
Als Gerard Hobi im Jahr 1958 in die Spoerry & Co. AG als Lehrling eintrat, war ihm das Unternehmen bereits durch seinen Vater und seinen Grossvater bekannt. Beide waren eng mit der Firma verbunden gewesen. So war es für Hobi naheliegend, seine berufliche Laufbahn in der Spinnerei zu beginnen. Dort lernte er das kaufmännische Handwerk von der Pike auf. Er kontrollierte Lieferungen, half mit bei der Lohnabrechnung und führte die Korrespondenz. So erhielt er früh einen guten Einblick in die vielfältige Tätigkeit des Spoerry’schen Unternehmens. Besonders deutlich erinnert sich Hobi an die «ratternden Rechenmaschinen» und die «klappernden Schreibmaschinen» in den Büros: «Es gab weder PC noch Bildschirme! Alles war Kopf- und Handarbeit mit viel Papier.»
«Es gab weder PC noch Bildschirme! Alles war Kopf- und Handarbeit mit viel Papier.»
Als er seine Ausbildung abgeschlossen hatte, wurde er von der Spoerry zur Weiterbildung in die Firma Parisi nach Triest geschickt, um dort die Abläufe kennenzulernen und seine Italienischkenntnisse zu vertiefen. Die vielen geschäftlichen Kontakte mit Italien machten es ratsam, einen Mitarbeiter mit guten Kenntnissen in dieser Sprache im Unternehmen zu beschäftigen. Im September 1963 wurde Hobi angefragt, ob er die frei werdende Stelle des Personalleiters übernehmen wolle. Kurz entschlossen kehrte er aus Italien zurück.
Sein Aufgabenbereich in der Firma Spoerry war vielfältig und widerspiegelt die vielen Dimensionen des Unternehmens. Er kümmerte sich um die Personalrekrutierung, vor allem aus Italien und Spanien, wobei ihm seine guten Sprachkenntnisse zugutekamen. Weiter koordinierte er für die Angestellten den Kontakt zu den kantonalen Verwaltungsstellen, half ihnen bei der Wohnungssuche, erledigte die Lohnabrechnungen und sämtliche Versicherungsangelegenheiten. Die Korrespondenz mit den Ämtern war jedoch nur die eine Seite. Massgeblich war er auch dafür besorgt, das gute Arbeitsklima in der Spinnerei zu erhalten. Er vermittelte bei zwischenmenschlichen und betrieblichen Konflikten und suchte regelmässig den Kontakt zur Flumser Bevölkerung. Vor allem sorgte er sich um die Integration der ausländischen Arbeiter im Dorf. «Das Dorf Flums war ganz anders als heute», so Hobi, «man hatte keine Fernseher, sondern war mehr auf den Strassen im Dorf unterwegs. Man redete viel miteinander und kannte sich. Einen grossen Teil meiner Arbeit erledigte ich draussen und nicht im Büro.»
«Das Dorf Flums war ganz anders als heute […] man war mehr auf den Strassen im Dorf unterwegs. Man redete viel miteinander und kannte sich.»
Die schlanke Verwaltung und die Organisationsstruktur der Spinnerei, gepaart mit einer grossen Selbstständigkeit der Abteilungen, unterstützten diesen Prozess massgeblich. Die Spoerrys setzten grosses Vertrauen in ihre Mitarbeiter, und dieses Vertrauen wird von Hobi noch heute an erster Stelle genannt, wenn er an seine Zeit bei der Firma zurückdenkt. 48 Jahre hat er bei Spoerry gearbeitet. Die Wertschätzung zeigte sich bei seiner Verabschiedung an der Weihnachtsfeier 2005. Vor der gesamten Belegschaft, der Geschäftsleitung und den Mitgliedern des Verwaltungsrates sowie den Aktionären wurde Hobi feierlich in den Ruhestand entlassen.
Dieser Beitrag ist ebenfalls in der im Jahr 2016 erschienenen Jubiläumspublikation «Pioniergeist – 150 Jahre Unternehmertum Familie Spoerry Flums» erhältlich.