Mathé Senti

«Ich kannte jeden Schlupf im Unternehmen.»

Bevor im Jahr 2012 die Flumserei ins Leben gerufen wurde, hatte das Gebäude schon satte 150 Jahre als Sarganser Hochburg für Pioniergeist gegolten. Von Flums aus wurden internationale Abnehmer mit dem feinsten Garn der Welt beliefert.

Mathé Senti war Mitarbeiter der ehemaligen Spinnerei Spoerry. Seine Geschichten und Erzählungen aus der Spinnerei sind wie ein Sprung zurück in die Zeiten der florierenden Produktionsstätte und ein spannender Einblick in den damaligen Alltag.

 

Mathé Senti, der über 40 Jahre seines Arbeitslebens in den Dienst der Spoerry & Co. AG stellen sollte, begann seine Lehre zum Mechaniker bei einem anderen Flumser Unternehmen, der Maschinenfabrik Hartmann. Zwar hatte er bereits Jahre zuvor kurze Zeit bei der Firma Spoerry gearbeitet und den dortigen Betrieb kennengelernt, eine Lehre bot die Spinnereifabrik damals aber noch nicht an. Trotzdem hatte das Unternehmen einen derart positiven Eindruck auf Senti hinterlassen, dass er bei Abschluss seiner Ausbildung unverzüglich dorthin zurückkehren wollte. Er wurde beim damaligen Direktor Arthur Zwicky vorstellig. Dieser musste ihn aber vorerst vertrösten: Es sei zurzeit keine Stelle als Mechaniker frei. So wurde er zu Beginn als sogenannter «Springer» eingesetzt, das heisst, er musste alle Abteilungen kennenlernen, um im Bedarfsfall an verschiedenen Positionen eingesetzt werden zu können. Auf diese Weise lernte Senti den Betrieb in allen Einzelheiten kennen, was ihm später sehr zugutekam.

«Ich kannte jeden Schlupf im Unternehmen.»

 

«Ich kannte jeden Schlupf im Unternehmen», erinnert er sich noch heute. Bald konnte er jedoch seine reguläre Arbeit als Betriebsmechaniker aufnehmen und die vielen herausfordernden Aufgaben in der Spinnerei anpacken.

Im Jahr 1958, nur wenige Jahre nach Sentis Amtsantritt in der Spoerry, wurde sein Vorgesetzter pensioniert und die Stelle des Werkstattchefs dem noch jungen Mechaniker mit allen Kompetenzen und der gesamten Verantwortung übertragen.

Sein erstes Projekt wäre auch für einen erfahrenen Mitarbeiter eine Herausforderung gewesen. Das Unternehmen Spoerry hatte nämlich eine komplett neue Werkstatt mit neuesten Maschinen in einem Anbau hinter der Spinnerei geplant und übertrug es Senti, diese einzurichten und in Betrieb zu nehmen.

Eine grosse Aufgabe und ein Beweis, dass die Textilfabrik bereit war, auch jungen Leuten Vertrauen zu schenken. Überhaupt war die grosse Selbstständigkeit ein Aspekt seiner Arbeit, den Senti sein Leben lang geschätzt hat und den er dem Unternehmen auch heute noch hoch anrechnet.

«Für mich war meine Selbstständigkeit ein grosses Plus. Die Übertragung vieler Kompetenzen hat die Arbeit für mich spannend und vielseitig gemacht.»

 

«Für mich war meine Selbstständigkeit ein grosses Plus. Die Übertragung vieler Kompetenzen hat die Arbeit für mich spannend und vielseitig gemacht», so Senti in der Rückschau. Dabei waren die Aufgaben ohnehin abwechslungsreich. Die Werkstatt der Fabrik war nämlich zuständig für sämtliche Arbeiten, welche im Spinnereibetrieb selbst, aber auch im nahe gelegenen landwirtschaftlichen Gutsbetrieb und dem Elektrizitätswerk der Spoerrys anfielen. Von Maschinenreparaturen über Schlosser- und Sanitärarbeiten bis hin zur Instandsetzung landwirtschaftlicher Fahrzeuge waren Senti und seine Mechaniker ständig im Einsatz. «Wir wussten morgens nicht, was uns den ganzen Tag an Arbeiten erwarten würde. Wir mussten sehr flexibel sein und überall mit anpacken», schildert Senti seinen Alltag im Berufsleben.

Ein zweites forderndes Projekt beschäftigte Werkstattchef Senti in den 1970er Jahren. Im Zuge der bundesweiten Installation von Zivilschutzanlagen war es vorgeschrieben, dass Unternehmen über eigene Anlagen verfügen mussten. Er fertigte Vorsorgepläne und Notfallszenarien an und schickte seine schriftlichen Berichte nach Bern und St. Gallen.a

Noch heute strahlen die Augen des 92-jährigen Mathé Senti, wenn er von seiner Arbeit in der Textilfabrik Spoerry spricht. Im Gespräch wird schnell klar: Gerne erinnert er sich an diese Zeit zurück.

Dieser Beitrag ist ebenfalls in der im Jahr 2016 erschienenen Jubiläumspublikation «Pioniergeist – 150 Jahre Unternehmertum Familie Spoerry Flums» erhältlich.